EuGH URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer) 21. Februar 2008 - C201/06 - Pflanzenschutzmittel„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Pflanzenschutzmittel – Paralleleinfuhren – Verfahren für die Zulassung – Voraussetzungen – Gemeinsamer Ursprung des parallel eingeführten Pflanzenschutzmittels und des Referenzerzeugnisses“In der Rechtssache C201/06 betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 4. Mai 2006, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Stromsky als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Klägerin, gegen Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und R. LoosliSurrans als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte, Streithelfer, erlässt DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter U. Lõhmus, J. N. Cunha Rodrigues und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin), Generalanwältin: V. Trstenjak, Kanzler: R. Grass, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. September 2007 folgendes Urteil 1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen hat, dass sie für die Erteilung einer Genehmigung für die Einfuhr eines parallel eingeführten Pflanzenschutzmittels verlangt, dass das eingeführte Erzeugnis und das bereits in Frankreich zugelassene einen gemeinsamen Ursprung haben. Rechtlicher Rahmen Gemeinschaftsrecht 2 Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) führt einheitliche Regeln für die Voraussetzungen und das Verfahren für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sowie die Überprüfung und die Rücknahme der Zulassung ein. Sie soll nicht nur die Bestimmungen über die Voraussetzungen und die Verfahren für die Zulassung dieser Erzeugnisse harmonisieren, sondern auch ein hohes Niveau des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt gegen die Bedrohungen und die Gefahren sicherstellen, die durch schlecht kontrollierte Anwendung dieser Erzeugnisse verursacht werden. Ferner soll sie die Hemmnisse für den freien Verkehr dieser Erzeugnisse beseitigen. 3 Die Richtlinie 91/414 betrifft u. a. die Zulassung, das Inverkehrbringen, die Anwendung und die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln in handelsüblicher Form in der Europäischen Gemeinschaft. Nach ihrem Art. 2 Nr. 10 ist „Inverkehrbringen“ jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, ausgenommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaft. Die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in das Gebiet der Gemeinschaft wird als Inverkehrbringen im Sinne dieser Richtlinie angesehen. 4 Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass in ihrem Gebiet nur die Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und angewendet werden dürfen, die sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen haben …“ 5 In Art. 4 der Richtlinie sind u. a. die Voraussetzungen aufgeführt, die ein Pflanzenschutzmittel für die Zulassung erfüllen muss. Nach diesem Artikel müssen in der Zulassung die Auflagen hinsichtlich des Inverkehrbringens und der Anwendung der Mittel präzisiert werden. Die Zulassungen werden nur für einen von den Mitgliedstaaten festgelegten Zeitraum von höchstens zehn Jahren erteilt. Sie können jederzeit überprüft werden und müssen unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden. Nimmt ein Mitgliedstaat eine Zulassung zurück, so unterrichtet er unverzüglich deren Inhaber davon. 6 Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie ist u. a. „[d]ie Zulassung eines Pflanzenschutzmittels … von demjenigen, der für das erste Inverkehrbringen im Gebiet eines Mitgliedstaats verantwortlich ist, oder in seinem Namen bei den zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats, in dem das Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden soll, zu beantragen“. Die erste Zulassung erfordert eine umfassende Bewertung der Eigenschaften des Erzeugnisses. 7 Nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 muss ein Mitgliedstaat, bei dem ein Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels gestellt wird, das in einem anderen Mitgliedstaat bereits zugelassen ist, unter bestimmten Umständen und vorbehaltlich von Ausnahmen davon absehen, zu verlangen, dass die Versuche und Analysen, die bereits durchgeführt worden sind, wiederholt werden. 8 Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 lautet: „Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Vorkehrungen dafür, dass amtlich überprüft wird, ob die in den Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel und deren Anwendung den in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen und insbesondere den auf dem Etikett aufgeführten Zulassungsbedingungen und Angaben entsprechen.“ 9 Die Richtlinie enthält jedoch keine Bestimmung, die die Voraussetzungen für die Zulassung bei Paralleleinfuhren regelt. Nationales Recht 10 Art. L. 2531 des Code rural (Landwirtschaftsgesetzbuch) bestimmt: „I. Das Inverkehrbringen, die Anwendung und der Besitz von Pflanzenschutzmitteln durch den Endanwender, für die keine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Vertriebsgenehmigung zu Versuchszwecken, die unter den in diesem Kapitel vorgesehenen Voraussetzungen erteilt worden ist, vorliegt, sind verboten. Die Verwendung der in Abs. 1 genannten Mittel unter anderen als den im Zulassungsbescheid vorgesehenen Voraussetzungen ist verboten. …“ 11 Die Voraussetzungen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Frankreich sind im Dekret Nr. 94-359 über die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln (Décret no 94-359 relatif au contrôle des produits phytopharmaceutiques) vom 5. Mai 1994 (JORF vom 7. Mai 1994, S. 6683) festgelegt, das erlassen wurde, um die Richtlinie 91/414 in die nationale Rechtsordnung umzusetzen. 12 Das Dekret Nr. 2001-317 zur Schaffung eines vereinfachten Verfahrens für die Genehmigung zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Décret no 2001317 établissant une procédure simplifiée d’autorisation de mise sur le marché des produits phytopharmaceutiques en provenance de l’Espace économique européen) vom 4. April 2001 (JORF vom 14. April 2001, S. 5811), das als Art. R. 253-52 bis Art. R. 253-55 des Code rural in diesen Eingang gefunden hat, bestimmt in seinem Art. 1: „Unter folgenden Voraussetzungen ist es zulässig, ein Pflanzenschutzmittel aus einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, für das dort bereits eine Genehmigung zum Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 91/414 … erteilt worden ist und das mit einem nachfolgend als ‚Referenzerzeugnis‘ bezeichneten Erzeugnis übereinstimmt, in das Inland einzuführen: Für das Referenzerzeugnis muss vom für die Landwirtschaft zuständigen Minister eine Genehmigung für das Inverkehrbringen … erteilt worden sein. Die Übereinstimmung des in das Inland eingeführten Erzeugnisses mit dem Referenzerzeugnis beurteilt sich anhand der drei folgenden Kriterien: – der gemeinsamen Herkunft der beiden Erzeugnisse in dem Sinne, dass sie nach derselben Formel von derselben Gesellschaft, von Unternehmen, die miteinander verbunden sind, oder von einem Lizenzinhaber hergestellt worden sind; – der Herstellung unter Verwendung desselben Wirkstoffs oder derselben Wirkstoffe; – der ähnlichen Auswirkungen der beiden Erzeugnisse unter Berücksichtigung möglicher mit deren Anwendung verbundener Unterschiede hinsichtlich der Bedingungen in Bezug auf die Landwirtschaft, den Pflanzenschutz und die Umwelt, insbesondere die Klimaverhältnisse.“ 13 Nach Art. 1 der Ministerialverordnung vom 17. Juli 2001 über die Anwendung des Dekrets Nr. 2001-317 (JORF vom 27. Juli 2001, S. 12091) muss jede Person, die die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels aus einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums beantragt, ihrem Antrag folgende Unterlagen beifügen: ein Formular mit den im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Informationen, einen Entwurf des Etiketts des Erzeugnisses, für das die Genehmigung zum Inverkehrbringen im Wege der Paralleleinfuhr beantragt wird, in französischer Sprache und ein Originaletikett des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse, die eingeführt werden. 14 Der Anhang der Ministerialverordnung sieht vor, dass jede Person, die eine Zulassung für ein solches Pflanzenschutzmittel beantragt, mit ihrem Antrag Angaben zur Identität des Einführers, zur Identifizierung des eingeführten Erzeugnisses und des Referenzerzeugnisses, zu den beabsichtigten Anwendungen des Erzeugnisses, dessen Zulassung beantragt wird, sowie zu der französischen Identifizierung der Einfuhr und zu dem in Frankreich für das betreffende Erzeugnis vorgeschlagenen Handelsnamen vorlegen muss. Das Vorverfahren 15 Bei der Kommission ging eine Beschwerde betreffend die Rücknahme mehrerer Zulassungen von Arzneimitteln, die im auf Paralleleinfuhren anwendbaren vereinfachten Verfahren erteilt worden waren, ein, u. a. in Bezug auf ein Insektenvertilgungsmittel mit der Bezeichnung Deltamex, dessen Wirkstoff Deltamethrin ist. 16 Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 forderte die Kommission die Französische Republik auf, sich zur Vereinbarkeit der Voraussetzungen für die Paralleleinfuhr von Pflanzenschutzmitteln mit dem Gemeinschaftsrecht zu äußern. Dieses Mahnschreiben galt drei Aspekten der französischen Regelung: – dem Erfordernis einer Genehmigung für alle Wirtschaftsteilnehmer, die ein und dasselbe Erzeugnis parallel einführen; – dem Erfordernis einer vollständigen Übereinstimmung des eingeführten Erzeugnisses und des Referenzerzeugnisses hinsichtlich ihrer Zusammensetzung (Wirkstoffe und Trägerstoffe), ihrer Aufmachung (Verpackung und Etikettierung) sowie ihres gemeinsamen Ursprungs (Hersteller, die ein und derselben Unternehmensgruppe angehören oder aufgrund einer Lizenzvereinbarung tätig sind) und – der übermäßigen Belastung für den Paralleleinführer durch die Verpflichtung, den Nachweis dieser vollständigen Übereinstimmung zu erbringen. 17 In einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 5. Juli 2005 vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen habe, dass sie einen „gemeinsamen Ursprung“ des parallel eingeführten Pflanzenschutzmittels und des Referenzerzeugnisses verlange. Die übrigen im Mahnschreiben erhobenen Rügen waren in dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht mehr aufgeführt. 18 Da die Kommission die Antwort der Französischen Republik auf diese mit Gründen versehene Stellungnahme nicht für zufriedenstellend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben. Zur Klage Vorbringen der Parteien 19 Die Kommission macht geltend, dass Art. 1 des Dekrets Nr. 2001317 eine gegen Art. 28 EG verstoßende Beschränkung des freien Warenverkehrs darstelle, denn er mache die Erteilung einer Zulassung zur Paralleleinfuhr von der Einhaltung einer Voraussetzung in Bezug auf den gemeinsamen Ursprung des eingeführten Erzeugnisses und des Referenzerzeugnisses abhängig. Diese Voraussetzung gehe über das hinaus, was als notwendig zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt angesehen werden könne. 20 Bei Produkten, die keine erheblichen Unterschiede aufwiesen, könne das Fehlen eines gemeinsamen Ursprungs nicht genügen, um das Verbot einer Paralleleinfuhr zu rechtfertigen, denn das maßgebende Kriterium für die Paralleleinfuhr sei die wesentliche Übereinstimmung der Erzeugnisse. Diese Entscheidung, die der Gerichtshof im Urteil vom 1. April 2004, Kohlpharma (C112/02, Slg. 2004, I3369, Randnr. 18), für Arzneimittel getroffen habe, sei auf Pflanzenschutzmittel übertragbar (Urteil vom 14. Juli 2005, Kommission/Deutschland, C114/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 24 und 27). Keine Erwägung des Gesundheitsschutzes erlaube es, bei Pflanzenschutzmitteln einen gemeinsamen Ursprung zu verlangen, während diese Voraussetzung bei Arzneimitteln zum menschlichen Gebrauch nicht aufgestellt werde. Zwar habe der Gerichtshof im Urteil vom 11. März 1999, British Agrochemicals Association (C100/96, Slg. 1999, I1499), dem gemeinsamen Ursprung der fraglichen Erzeugnisse eine gewisse Bedeutung beigemessen. Diesem Urteil lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass die Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs bei Arzneimitteln weniger bedeutsam sei als bei Pflanzenschutzmitteln. 21 Die Französische Republik bestreitet die gerügte Vertragsverletzung und macht geltend, sie habe das Dekret Nr. 2001317 erlassen, um dem Urteil British Agrochemicals Association nachzukommen, in dem der Gerichtshof als Kriterium für die Erteilung einer vereinfachten Zulassung für Paralleleinfuhren den gemeinsamen Ursprung der betreffenden Erzeugnisse anerkannt habe. 22 Dieses Kriterium solle sicherstellen, dass die in den erwähnten Erzeugnissen enthaltenen Wirkstoffe übereinstimmten. Unterschiede in der Zusammensetzung eines Erzeugnisses könnten zu Änderungen seiner physischen oder chemischen Eigenschaften führen. Im Rahmen der Richtlinie 91/414 könne ein und derselbe Wirkstoff mit je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Spezifikationen zugelassen werden. In der Übergangszeit, während deren die bestehenden Wirkstoffe dem Bewertungsverfahren zum Zweck ihrer Aufnahme in Anhang I dieser Richtlinie unterzogen würden, lasse nämlich jeder Mitgliedstaat weiterhin die Pflanzenschutzmittel gemäß den einschlägigen nationalen Bestimmungen und gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie zu. 23 Stammten das Referenzerzeugnis und das eingeführte Erzeugnis aus der gleichen Herstellung, brauche das eingeführte Erzeugnis nicht bewertet zu werden. Fehle ein gemeinsamer Ursprung dieser Erzeugnisse, sei eine solche Bewertung geboten und müsse sich auch auf den oder die Wirkstoffe beziehen, die noch nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen worden seien. 24 Würde die Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs aufgehoben, so würde das vereinfachte Verfahren für Paralleleinfuhren dadurch erschwert, dass systematisch eine Bewertung der im eingeführten Erzeugnis enthaltenen Wirkstoffe vorgeschrieben wäre. Eine solche Maßnahme stelle ein weit höheres Handelshemmnis dar als die im vorliegenden Fall von der Kommission gerügte. Ein solches Verfahren wäre alles andere als vereinfacht, sondern käme dem in Art. 10 der Richtlinie 91/414 für die gegenseitige Anerkennung der Zulassung vorgesehenen Verfahren nahe. 25 Zu dem Sachverhalt, auf den die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 5. Juli 2005 erwähnte Beschwerde zurückgeht, führt die Französische Republik aus, dass die Zulassung für die Paralleleinfuhr von Deltamex zurückgenommen worden sei, weil der Einführer nicht den Nachweis erbracht habe, dass sein Erzeugnis nach der gleichen Formel wie das französische Referenzerzeugnis Decis hergestellt worden sei, und nicht wegen Fehlens eines gemeinsamen Ursprungs dieser Erzeugnisse. 26 Der Einführer habe nämlich zunächst in Österreich die Zulassung der Einfuhr eines in Deutschland unter der Bezeichnung Inter Delta M zugelassenen Pflanzenschutzmittels beantragt und sich dafür auf die Zulassung eines ebenfalls die Bezeichnung Decis tragenden Referenzerzeugnisses berufen. Dieses Erzeugnis sei dann unter der Bezeichnung Mac Deltamethrin 2,5 EC zugelassen worden. 27 Mehrere Unterschiede in der Aufmachung zwischen dem eingeführten Erzeugnis und dem Referenzerzeugnis hätten einen Zweifel in Bezug auf die Übereinstimmung der Formel dieser beiden Erzeugnisse entstehen lassen, den der Einführer nicht habe ausräumen können. 28 Das Königreich der Niederlande, das durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 9. Oktober 2006 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Französischen Republik zugelassen worden ist, vertritt die Ansicht, dass die Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs der Erzeugnisse notwendig und gerechtfertigt sei, denn ihr Fehlen würde dazu beitragen, das in der Richtlinie 91/414 vorgesehene Schutzniveau zu senken, die Datenschutzrechte der Inhaber der Zulassung des Referenzerzeugnisses verkennen und das in Art. 10 der Richtlinie eingeführte Verfahren der gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen gefährden. 29 Mit der Vorgabe, dass das eingeführte Erzeugnis mit dem Referenzerzeugnis übereinstimmen müsse, entspreche die französische Regelung den Zielen der Richtlinie 91/414 dadurch, dass sie die Transparenz des Verfahrens der Zulassung der Paralleleinfuhr gewährleiste. Das Kriterium des gemeinsamen Ursprungs der Erzeugnisse sei notwendig und verhältnismäßig. Das Königreich der Niederlande schließt sich dem Vorbringen der Französischen Republik an und verweist zudem auf die Gefahren des Schwarzhandels mit Pflanzenschutzmitteln aufgrund der Einfuhr von Fälschungen. Würdigung durch den Gerichtshof 30 Die vorliegende Klage wirft die Frage auf, ob Art. 28 EG dem Art. 1 des Dekrets Nr. 2001317 entgegensteht, soweit dieser das vereinfachte Zulassungsverfahren für Paralleleinfuhren von Pflanzenschutzmitteln auf die Fälle beschränkt, in denen das Einfuhrerzeugnis und das Referenzerzeugnis einen gemeinsamen Ursprung in dem Sinne haben, dass sie nach derselben Formel, von demselben Unternehmen oder von verbundenen bzw. unter Lizenz tätigen Unternehmen hergestellt worden sind. 31 In diesem Bereich gilt der Grundsatz, dass jedes in einem Mitgliedstaat in den Verkehr gebrachte Pflanzenschutzmittel von den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats zugelassen worden sein muss. So sieht Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 vor, dass in einem Mitgliedstaat ein Pflanzenschutzmittel nur in den Verkehr gebracht und angewendet werden darf, wenn dieser Mitgliedstaat zuvor eine Zulassung gemäß dieser Richtlinie erteilt hat. Die gleiche Anforderung gilt auch dann, wenn das betreffende Erzeugnis bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2007, Escalier und Bonnarel, C260/06 und C261/06, Slg. 2007, I0000, Randnr. 24). 32 Die Richtlinie 91/414 lockert diesen Grundsatz jedoch dadurch, dass sie in Art. 10 Abs. 1 vorsieht, dass dann, wenn in einem Mitgliedstaat ein Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels gestellt wird, das in einem anderen Mitgliedstaat bereits zugelassen ist, der erstgenannte Mitgliedstaat bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in der Regel davon absehen muss, eine Wiederholung der in dem anderen Mitgliedstaat bereits durchgeführten Versuche und Analysen zu verlangen, wodurch Zeit und Kosten, die für die Einholung der vorgeschriebenen Angaben aufgewendet werden müssen, eingespart werden können (vgl. Urteil Escalier und Bonnarel, Randnr. 25). 33 Dagegen enthält die Richtlinie 91/414 keine spezielle Bestimmung für Paralleleinfuhren, bei denen ein Wirtschaftsteilnehmer ein Erzeugnis in einem Mitgliedstaat kauft, um es in einem anderen Mitgliedstaat in der Absicht wieder zu verkaufen, Gewinn aus einem Preisunterschied zwischen diesen beiden geografischen Märkten zu ziehen. Diese Richtlinie sieht keine Zulassungsvoraussetzungen für ein Pflanzenschutzmittel vor, für das bereits eine Zulassung nach ihren Bestimmungen erteilt worden ist und das Gegenstand einer Paralleleinfuhr im Verhältnis zu einem Pflanzenschutzmittel ist, für das im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Zulassung erteilt wurde. Eine solche Situation fällt allerdings unter die Bestimmungen über den freien Warenverkehr, so dass die Rechtmäßigkeit der nationalen Maßnahmen, mit denen die Paralleleinfuhren beschränkt werden, anhand der Art. 28 ff. EG zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Deutschland, Randnr. 27, sowie Escalier und Bonnarel, Randnr. 28). 34 Betrifft ein solcher Vorgang ein Pflanzenschutzmittel, das bereits nach der Richtlinie 91/414 im Ausfuhrmitgliedstaat und im Einfuhrmitgliedstaat zugelassen worden ist, so kann dieses Erzeugnis nicht als erstmals im Einfuhrmitgliedstaat in den Verkehr gebracht angesehen werden. Zum Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren oder der Umwelt ist es daher nicht notwendig, die Paralleleinführer auf das in dieser Richtlinie vorgesehene Zulassungsverfahren zu verweisen, da die zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats bereits über alle für die Ausübung ihrer Kontrolle erforderlichen Angaben verfügen. Das Einfuhrerzeugnis dem Zulassungsverfahren zu unterwerfen, ginge über das zur Erreichung der Ziele dieser Richtlinie im Zusammenhang mit dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt Erforderliche hinaus und könnte in Ermangelung einer Rechtfertigung gegen den in Art. 28 EG verankerten Grundsatz des freien Warenverkehrs verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteil British Agrochemicals Association, Randnr. 32). 35 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, müssen, wenn ein Pflanzenschutzmittel als bereits im Einfuhrmitgliedstaat zugelassen anzusehen ist, die zuständigen Behörden dieses Staates für das betreffende Erzeugnis die Zulassung gelten lassen, die für das bereits auf dem Markt befindliche Pflanzenschutzmittel erteilt worden ist, soweit dem keine den wirksamen Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt betreffenden Erwägungen entgegenstehen (Urteil British Agrochemicals Association, Randnr. 36). 36 Jedoch kann für ein Pflanzenschutzmittel, das im Wege der Paralleleinfuhr in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelangt ist, die für ein bereits auf dem Markt dieses Staates befindliches Pflanzenschutzmittel erteilte Zulassung weder automatisch noch absolut und bedingungslos gelten. Kann das Einfuhrerzeugnis nicht als bereits im Einfuhrmitgliedstaat zugelassen angesehen werden, hat dieser eine Zulassung gemäß den in der Richtlinie 91/414 aufgestellten Voraussetzungen zu erteilen oder das Inverkehrbringen und die Anwendung des Erzeugnisses zu verbieten (vgl. in diesem Sinne Urteile British Agrochemicals Association, Randnr. 37, sowie Escalier und Bonnarel, Randnrn. 30 und 31). 37 Für die Prüfung, ob ein in einem anderen Mitgliedstaat gemäß der Richtlinie 91/414 zugelassenes Erzeugnis im Einfuhrmitgliedstaat bereits als zugelassen anzusehen ist, obliegt es den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats erstens, zu prüfen, ob die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels, für das in einem anderen Mitgliedstaat eine Zulassung erteilt worden ist, eine Paralleleinfuhr im Verhältnis zu einem Erzeugnis darstellt, für das bereits eine Zulassung im Einfuhrmitgliedstaat erteilt worden ist, und zweitens, auf Antrag der Betroffenen zu prüfen, ob für das betreffende Erzeugnis die Zulassung gelten kann, die für ein bereits auf dem Markt dieses Staates befindliches Pflanzenschutzmittel erteilt worden ist. 38 Zu diesem Zweck erlaubt es der Begriff des gemeinsamen Ursprungs, Paralleleinfuhren von anderen Sachverhalten zu unterscheiden, bei denen der Einführer eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Erzeugnisses bestrebt ist, eine bereits im Einfuhrmitgliedstaat erteilte Zulassung zu nutzen. Der gemeinsame Ursprung stellt ferner einen wichtigen Anhaltspunkt für die Übereinstimmung der betreffenden Erzeugnisse und damit dafür dar, dass die Zulassung des Referenzerzeugnisses für das Einfuhrerzeugnis verwendet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Kohlpharma, Randnrn. 16 und 17). 39 Wie der Gerichtshof in Randnr. 40 des Urteils British Agrochemicals Association entschieden hat, muss, wenn eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats zu dem Ergebnis kommt, dass ein Pflanzenschutzmittel, das aus einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum importiert wird, in dem bereits eine Zulassung für dieses Erzeugnis gemäß der Richtlinie 91/414 erteilt wurde, und das, ohne in allen Punkten mit einem im Einfuhrmitgliedstaat bereits zugelassenen Mittel übereinzustimmen, zumindest – insofern einen gemeinsamen Ursprung mit dem letztgenannten Erzeugnis hat, als es von demselben Unternehmen oder einem verbundenen Unternehmen oder in Lizenz nach derselben Formel hergestellt wurde, – unter Verwendung desselben Wirkstoffs hergestellt wurde und – überdies die gleichen Wirkungen hat, wobei etwaige Unterschiede bei den für die Anwendung des Erzeugnisses relevanten Bedingungen in Bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt – einschließlich der Witterungsverhältnisse – zu berücksichtigen sind, für dieses Erzeugnis die im Einfuhrmitgliedstaat bereits erteilte Zulassung gelten, soweit dem keine den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt betreffenden Erwägungen entgegenstehen. 40 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs in Art. 1 des Dekrets Nr. 2001317 mit dieser Auslegung im Einklang steht, so dass sie nicht als Verstoß gegen Art. 28 EG betrachtet werden kann. 41 Entgegen dem Vorbringen der Kommission stellt das Urteil Kohlpharma diese Würdigung nicht in Frage. In dieser Rechtssache ist der Gerichtshof von der Prämisse ausgegangen, dass das eingeführte Arzneimittel und das Referenzarzneimittel sich in Bezug auf die Beurteilung ihrer Sicherheit und ihrer Wirksamkeit nicht erheblich unterschieden, obwohl sie von zwei verschiedenen Unternehmen hergestellt wurden. Der Gerichtshof hat zunächst daran erinnert, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, die Anwendung der betreffenden Regelung auf das Maß dessen zu beschränken, was zur Erreichung des rechtmäßig verfolgten Ziels des Gesundheitsschutzes erforderlich ist; er hat sodann darauf hingewiesen, dass die Umstände des konkreten Ausgangsverfahrens dadurch gekennzeichnet waren, dass ein Wirkstoff an zwei verschiedene Hersteller verkauft wurde, die in zwei Mitgliedstaaten niedergelassen waren, so dass der Urheber des Antrags auf Zulassung des zweiten Arzneimittels gegebenenfalls durch die Informationen, über die er verfügte und zu denen er Zugang hatte, nachweisen konnte, dass das zu importierende Arzneimittel sich von dem schon zugelassenen Arzneimittel in Bezug auf die Beurteilung seiner Sicherheit und Wirksamkeit nicht erheblich unterschied (Urteil Kohlpharma, Randnrn. 11, 14 und 19). Unter diesen Umständen konnte die für das schon zugelassene Arzneimittel durchgeführte Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit ohne jedes Risiko für die Gesundheit für das von dem Antrag auf Zulassung betroffene Arzneimittel verwendet werden (Urteil Kohlpharma, Randnr. 21 dritter Gedankenstrich). 42 Zwar steht kein Grund des Gesundheitsschutzes der Anwendung dieser Regel auf Pflanzenschutzmittel entgegen, da die auf diesem Gebiet anwendbare Gemeinschaftsregelung ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten soll (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnrn. 24 bis 26). Allerdings erlaubt diese Erwägung nicht den Schluss, dass die Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs in Art. 1 des Dekrets Nr. 2001317 ein von Art. 28 EG verbotenes Handelshemmnis ist. 43 Wie bereits ausgeführt worden ist, erlaubt es nämlich diese Voraussetzung des gemeinsamen Ursprungs der betreffenden Erzeugnisse zum einen, die Fälle von Paralleleinfuhren festzustellen und sie von anderen, ähnlich gelagerten Situationen zu unterscheiden, in denen die Einfuhr eines Erzeugnisses einer Zulassung bedarf, und zum anderen stellt sie einen wichtigen Anhaltspunkt für die Übereinstimmung zwischen dem eingeführten Erzeugnis und dem Referenzerzeugnis dar. Haben diese Erzeugnisse keinen gemeinsamen Ursprung, sondern sind sie parallel, von zwei konkurrierenden Unternehmen, hergestellt worden, so muss das Einfuhrerzeugnis von vornherein als vom Referenzerzeugnis unterschiedliches Erzeugnis und daher als erstmals im Einfuhrmitgliedstaat in den Verkehr gebracht betrachtet werden. In einer solchen Situation gelten, wie in den Randnrn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Bestimmungen der Richtlinie 91/414, so dass der Einfuhrmitgliedstaat grundsätzlich die Einhaltung des durch diese Richtlinie eingeführten Zulassungsverfahrens verlangen oder gegebenenfalls das Inverkehrbringen und die Verwendung dieses Einfuhrerzeugnisses verbieten muss. 44 Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber im Bereich der Pflanzenschutzmittel keine vergleichbaren Bestimmungen wie diejenigen erlassen hat, die es im Arzneimittelbereich erlauben, die wesentliche Übereinstimmung eines Generikums mit einem Referenzerzeugnis zu überprüfen (zur Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten [ABl. 1965, Nr. 22, S. 369] vgl. Urteil vom 3. Dezember 1998, Generics [UK] u. a., C368/96, Slg. 1998, I7967, sowie Art. 10 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel [ABl. L 311, S. 67]). 45 Folglich hat die Französische Republik dadurch, dass sie für die Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für ein Pflanzenschutzmittel verlangt, dass das eingeführte Erzeugnis und das bereits in Frankreich zugelassene Erzeugnis einen gemeinsamen Ursprung haben, nicht gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen. 46 Somit ist die Klage der Kommission abzuweisen. Kosten 47 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 trägt das Königreich der Niederlande, das dem Rechtsstreit beigetreten ist, seine eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten. 3. Das Königreich der Niederlande trägt seine eigenen Kosten. Unterschriften |